Im gestern gesendeten Kölner Tatort „Altes Eisen“ war Edgar Selge in der Rolle der transsexuellen Trudi natürlich der große exotische Gast. Als urspießige alte Lady ist Trudi das Zentrum der Handlung im liberalen Köln („Jeder Jeck ist anders.“). An ihrer sexuellen Identität werden nebenbei dann auch die relevanten Probleme abgehandelt, ob nun getrennte Toiletten („Geh gefälligst aufs Männerklo, wo du hingehörst.“) oder die Anrede: „Frau Hütten? – Trudi, bitte“. Auch die strengen Regeln des Transsexuellengesetzes (die erst 2011 geändert wurden) werden notdürftig in Dialogform abgehandelt.
Thematischer Mittelpunkt ist aber eine ermordete Vermieterin, vom Auszug bedrohte Mieter und das große Drumherum namens Gentrification. Der Schauplatz, ein uriges kölsches Viertel, droht in fünf Jahren „der coolste Bezirk“ zu sein. Und das bedeutet, dass alteingesessenen Mietern das Pflaster zu teuer wird. Diese Verdrängung bekommt mit der Vermieterin Erika Roeder nun ein Gesicht, was Matthias Dell im Freitag zu Recht kritisiert, schließlich ist der Verdrängungseffekt eben in seinem anonymen Wirken so vertrackt:
Dabei besteht das nebulöse Wirken dieser Gentrifizierung doch darin, dass die Häuser irgendwann einfach besenrein geworden sind, und die Menschen, die auf der Schäl Sick leben wie Trudi oder Gerda, sterben müssen oder woanders hinziehen.
Selbst der Wettbüro-Inhaber Stamm (Tobias Oertel), dessen Einfluss letztlich hinter den finanziellen Nöten der Ermordeten steckt, ist Teil des Milieus und kein externer, abstrakter Faktor. Seine problematische Rolle als Glücksspielanbieter bleibt hier aber unreflektiert, obwohl Glücksspiel in den schwierigen Vierteln der Großstädte fatal boomt. Statt die größeren Muster zu betrachten, bleibt das Drehbuch von Mario Giordano auch hier dicht am Konkreten.
Passend zu den Betrachtungen zur Identität und Rolle der Trudi Hütten werden auch die Kommissare Ballauf und Schenk (Klaus Behrendt und Dietmar Bär) vor die Frage nach ihren Zielen gestellt. Ballauf liebäugelt mit einem Karrieresprung zum BKA und mit der (leider dann doch vergebenen) Lydia Rosenberg, während Schenk sich demonstrativ auf seine Familie und das altbekannte Morddezernat beruft. Und Trudi ist bis zum Ende der treu ergebene Ehemann Arno für ihre geschiedene Frau Gerda. Liebe, Glück und Verantwortung seien eben nicht immer ein Gleichklang.
Dass die Handlung irgendwann nicht mehr trägt und am Ende der Mord von der unverdächtigsten, passivsten Person begangen wurde, ist zu verzeihen. Selge beim Spiel der vielschichtigen Trudi zuzusehen macht Spaß und das Kölner Kommissarengespann ist sowieso ein gutes Team. Die gesellschaftlichen Themen sind etwas dick aufgetragen, aber wenn man bedenkt, dass man 2007 noch in Untersuchungshaft landen konnte, wenn man den Begriff „Gentrifizierung“ benutzte, dann ist es beachtlich, dass der Tatort sich dessen annimmt.